
Triple Seven
Spielhallen leben von der Illusion: Ihr Versprechen ist Glück und Reichtum, doch die Realität ist das Elend der Spieler. Je bedürftiger die Umgebung, desto verführerischer muss der Schein sein, mit dem das Casino um seine Kunden wirbt. Von den ca. 500 Spielhallen Berlins liegen die meisten in den ärmeren Stadtvierteln, einhundert von ihnen hat Anne Lass für ihre Fotoserie Triple Seven aufgesucht. Alle wissen, dass das Spielen keine Probleme löst, sondern fast zwangsläufig im Unglück endet. Dennoch halten die Menschen an ihrer Illusion fest. Ein Symbol dafür ist die wunderschöne Orchidee, die schon bald verblüht sein wird.
Um ihre Illusion zu erzeugen und aufrecht zu erhalten, erschaffen die Casinos ihre eigene Welt. Dabei orientieren sie sich am Geschmack ihres Publikums, das eher aus den unteren Bevölkerungsschichten kommt und zum Kitsch neigt. So locken sie mit Papageien, Lichterketten und Palmen, oder mit einem Ausblick auf die Skyline von Manhattan mit funkelnden Lichtern über glitzerndem Wasser – als Fototapete, halb verborgen hinter einem Vorhang. Alles ist Vortäuschung, Schwindel, fake. Die Außenwelt wird vollkommen ausgeblendet, darf nicht stören. Die Fenster – sofern es sie denn überhaupt gibt – sind verhängt, Tageslicht fällt nur gedämpft herein.
Menschen kommen in den dokumentarisch angelegten Fotos nicht vor, und doch sind die Bilder aufgeladen mit Emotionen. Die Leere und Verlassenheit der Szenerie spiegeln die Einsamkeit der Spieler, ihre immer wieder neue Hoffnung und den unabdingbar folgenden Absturz. Wie bei allen Süchten, so muss auch hier die Ersatzhandlung eine tiefe innere Leere füllen. Ein dunkler TV-Screen steht zeichenhaft für die Kommunikationslosigkeit, nur einzelne Wandzettel verkünden die Regularien, geben den Spielern Weisungen. Bunte Farben sollen von der realen Tristesse ablenken, aber es bleiben Dunkelheit, Schatten, Verlorenheit. Anne Lass unterstreicht die Ausweglosigkeit der Situation mit den Engpässen ihrer Sujets: verschlossene Türen, Fenster ohne Ausblick („Tunnelblick“), Wände („gegen Wände rennen“) und Ecken („in die Ecke getrieben“) setzen Endpunkte.
Doch es gibt auch eine andere Seite. Die Fotos selbst sind wunderbare, gelungene Kunstwerke, sie haben eine ausgewogene Harmonie, ihre Farben sind angelegt wie in den großen Werken der Farbfeldmalerei. Anne Lass stellt die Wahrheit und Schönheit ihre Kunst gegen das Falsche der Casinos. Und mehr noch: Die Fotos denunzieren nicht, sie nehmen die Wünsche und Sehnsüchte der Spieler ernst. Denn so falsch sie auch sein mögen, sie haben doch einen wahren Kern: die Hoffnung auf ein besseres Leben, die Sehnsucht nach ein wenig Glück.
Der Titel dieser Fotoserie, Triple Seven, verweist auf die maximale Gewinnmöglichkeit beim Black Jack, dem meistgespielten Karten-Glücksspiel. Diese höchste Prämie ist allerdings recht bescheiden, der Sieger gewinnt im Verhältnis 3:2, er erhält also nur das 1,5-Fache seines Einsatzes.
Werke
Biographie
1978 | geboren in Schleswig |
2000-07 | Studium Kommunikationsdesign, Universität Duisburg-Essen (Folkwang Hochschule), Essen |
2003 | Externes Studium, Ungarische Universität für Angewandte Künste, Budapest |
2007 | Diplom mit Auszeichnung, Universität Duisburg-Essen (Folkwang Hochschule), Essen Dokumentarfotografie bei Prof. Jörg Sasse und Prof. Gisela Bullacher |
Lebt und arbeitet auf Bornholm
Auszeichnungen und Stipendien
2014 | Nominiert für Berlin Art Prize |
2013 | Residency in Hanstholm, Thy, Dänemark |
2012 | Nominiert für Plat(t)form, Fotomuseum Winterthur |
2011 | Aabenraa Kommune, initiiert von Aabenraa Artweek, Aabenraa, Dänemark |
2010 | Danish Arts Agency Interland, initiiert von flacc und Stad Genk, Genk, Belgien |
2009 | Talents 09/10, C/O Berlin Riccardo Pezza Photography Prize, Honourable Mention Danish Arts Agency |
2008 | Canon Profifoto Förderpreis Select on Tour, 1. Preis |
2006 | Fotowork, Solo exhibition winner Epson Art Photo Award, Best Class |
2005 | Epson Art Photo Award, Best Selected Works |
2003 | Erasmus-Socrates Scholarship |
EinzelAusstellungen
2014 | Galerie Bohai, Hannover |
2013 | Triple Seven, Peter Lav Gallery, Kopenhagen Wonderland, SDK Kunstorum, Flensburg |
2010 | Wandeln 07-10, Centre Bagatelle, Berlin Wandeln, Epikur Kunstforening, Frederikshavn, Dänemark Wandeln, Kunstmuseet Brundlund Slot, Aabenraa, Dänemark In Our Time, Goethe Institut, Washington D.C, USA Somewhere in Nowhere, Peter Lav Gallery, Kopenhagen |
2009 | Wandeln, Stadtmuseum Schleswig In unserer Zeit, C/O Berlin |
2007 | Geography of Nowhere, Mikro Galerie, Düsseldorf Wandeln, Orleans Street Gallery, Chicago |
Gruppenausstellungen (Auswahl)
2016 | Det Gamle Slagteri, Østermarie, Dänemark |
2015 | Salon Vol. 5, Dome, Kopenhagen, Dänemark |
2014 | Hijacked Australia/Germany, Stuttgart |
2013 | Rebel House, Bonnefantenmuseum, Roermond, Niederlande |
2012 | Arbeit und Vergnügen, Kunstverein Schwerin Eyes on the City, GrazMuseum, Graz, Österreich Looking at the Land, Museum of Art – RISD, Providence, R.I. Artweek Special, Banegaarden, Aabenraa, Dänemark The past in the present of the future, Stedefreund, Berlin At Home, Galerie Ludwig, Oberhausen Hijacked, Zephyr, Mannheim Unheimliches Heim, Corridor/Gangurinn, Reykjavik, Island |
2011 | Nature Photography, Fotogram, Amsterdam Hijacked, Griffith University Art Gallery, Brisbane; Ann and Gordon Samstag Museum, Adelaide; John Curtin Gallery, Perth, Australien |
2010 | Behind the Billboard, MK Galerie, Berlin Statens Kunstfond, Det Ny Kastet, Thisted, Dänemark Hijacked, Australian Centre for Photography, Sydney; Australian National University, School of Art Gallery, Canberra; Monash Gallery of Art, Melbourne, Australien Naturae, LaMEC, Vicenza; SiFest, Savignano; Benetton Foundation, Treviso, Italien Interland, C-Mine, Genk, Belgien Sense & Sensibility, Rainbo, Chicago, Ill. One World Is Not Enough, Galerie Merkle, Stuttgart C/O Talents, Deutsche Börse Group, Frankfurt am Main Über Tage, Kunstmuseum Mülheim Now Here, Centrum Beeldende Kunst, Rotterdam |
2009 | Viel, Galerie Mikro, Düsseldorf Middle of Nowhere, Lump Gallery, Raleigh, USA Immodest proposals, Eastern Expansion, Chicago Narrating a place, Museum Fotografia Contemporanea, Mailand Fluchtwege, Institut X, Bonn Noise, Raum für Kunst und Musik, Köln |
2008 | Vorstellung, Ziegler Temporary, Stuttgart Reflection, Tape, Berlin; Felsenkeller, Leipzig; Fabrik der Künste, Hamburg 5 years on the run, Orleans Street Gallery, Chicago Epson Art Photo Award 2005, Goethe-Institut, Singapore City, Singapore Mind the Gap, Country Club, Chicago |
2007 | Geography of Nowhere, Voies Off, Arles Epson Art Photo Award 2005, Galeria Grazia Neri, Mailand Pixel, Salle Yehudi Menuhin, EU Parlament, Brüssel Unkraut, Zhou B. Center, Chicago Heimatbild – Utopie und Wirklichkeit, Kunsthaus, Dortmund |
2006 | Fotowork, Orleans Street Gallery, Chicago, Epson Art Photo Award 05, Goethe-Institut, Rotterdam Wohnheim, Art in Display, Chicago Epson Art Photo Award 06, Art Cologne, Köln Pictures of Lee, Stephen Daiter Gallery, Chicago Heimatbild – Utopie und Wirklichkeit, Zeche Zollverein, Essen Epson Art Photo Award 05, Goethe-Institut, Istanbul Contemporary Danish Photography 06, Fotografisk Center, Kopenhagen I „heart“ Chicago, Orleans Street Gallery, Chicago Pixelprojekt-Ruhrgebiet, Kulturbunker Tumulka, München Epson Art Photo Award 05, Art Cologne, Köln |
2005 | Pixelprojekt-Ruhrgebiet, Wissenschaftspark, Gelsenkirchen Privatkontakte, 7.Internationale Fototage, Mannheim Privatkontakte, Städtische Galerie Villingen-Schwenningen |
2004 | 500m, Forum für Kunst und Architektur, Essen |
2001-06 | Sichtwerk, Zeche Zollverein, Universität Duisburg-Essen, Essen |
Für weitere Informationen besuchen Sie bitte die Website der Künstlerin.